Interview mit Michael Vennemann:
Vom Fernunterricht zum Open Learning
Wissenschaftliche Weiterbildung an Hochschulen
Es fehlt nicht die private Weiterbildungsuniversität – wie F.D. Erbslöh (GdWZ 5/95, S. 267 – 270) sie fordert. Vielmehr müssen die Hochschulen (Universitäten und Fachhochschulen) selbst ihre „dritte Aufgabe“ neben Forschung und Lehre wahrnehmen: sie müssen durch ihre Weiterbildungsangebote ihre öffentliche Verantwortung realisieren und – orientiert an den differenzierten Weiterbildungsmärkten – ihre spezifischen Leistungen für die Wirtschaft, Bürgerinnen und Bürger, gesellschaftliche Gruppen und Weiterbildungseinrichtungen zur Geltung bringen. Wissenschaftliche Weiterbildung besteht nicht nur aus dem Verkauf gut nachgefragter Veranstaltungen. Wissenschaftliche Weiterbildung muß vielmehr für ein breites Angebot für Wirtschaft und Bürger sorgen, sie muß zur Beratung (von Unternehmen u.a.) zur Verfügung stehen und sie muß zur Entwicklung innovativer Programme und Verfahren in der Lage sein, die die innovativen (und daher meist teuren) Voraussetzungen für Wissens- und Technologietransfer bilden.
Selbstgesteuertes Lernen – ein Konzept macht Karriere
In Literatur und Praxis der Erwachsenen- und Weiterbildung findet das Konzept des selbstgesteuerten Lernens zunehmend größere Aufmerksamkeit. Es wird in institutionellen zusammenhängen der formalisierten Grundausbildung und Weiterbildung genauso thematisiert wie im Rahmen gesellschaftsorientierter Theoriebildung (vg l. z.B. Jarvis 1992). Kernelemente des selbstgesteuerten Lernens fließen in die Methoden der erweiterten Lehrund Lernformen ein und beeinflussen die didaktischen Modelle in der Erwachsenen- und Weiterbildung. Selbstgesteuertes Lernen focusiert in allen Bildungsbereichen Hoffnungen und Erwartungen, wirksam zur Lösung von Motivations- und Lerntransferproblemen beizutragen. Weil es besonders gut zur Idee der Selbstverantwortung paßt, wird es auch von jenen aufgenommen, die das Bildungswesen finanzieren. Attraktiv erscheint das Konzept des selbstgesteuerten Lernens nicht zuletzt deswegen, weil es unscharf gefaßt ist. Es kan n je nach Situation und Interessenlage definiert und konkretisiert werden.
Konfliktmanagement und Mediation
Konfliktbewältigung, Konfliktklärung, Konfliktregelunggehören zu den Schlüsselqualifikationen helfender, begleitender und beratender Berufe. Angesichts komplexer werdender Lebens- und Arbeitswelten wird es in Zukunft immer bedeutsamer werden, kooperative und selbstbestimmte Konfliktlösungswege zu beschreiten. Wir gehen selbstverständlich davon aus, daß Konfliktfähigkeit zu unserem alltäglichen und professionellen Handlungsrepertoire gehört. Wie diese Fähigkeit erlernt wird und welche Wege zur konsensuellen Konfliktbeilegung beschritten werden sollen, bleibt jedoch „nebulös“. Mediation als Konfliktvermittlungsverfahren bietet hier Strukturierungshilfen, außergerichtliche und nicht-gegnerschaftliche Konfliktregelungen zu ermöglichen. Weiterbildungsangebote zum Aufbau von Konfliktfähigkeit können da wertvolle Anleihen machen, besonders im Hinblick auf den „radikalen“ Selbsthilfegedanken, der dem Mediationsverfahren zugrundeliegt.
Selbstlernfähigkeit – eine Schlüsselqualifikation
In unserer Gesellschaft, die als „Informationsgesellschaft“ gilt, ist vor allem eine Fähigkeit zur zentralen Schlüsselqualifikation avanciert: die Fähigkeit, sich in der bestehenden und weiter anwachsenden Informationsflut zu rechtzufi nden und selbständig relevantes Wissen aufzubauen. Selbstlernfähigkeit in diesem Sinne ist immer dann angesagt, wenn wir vor unbeantworteten Fragen und ungelösten Problemen stehen, die u nseren momentanen Wissens- und Erfahru ngshorizont überschreiten. In solchen Situationen, die in In halt und Komplexität natürl ich erheblich variieren, müssen wir relevante Informationen selegieren und genau das Wissen erwerben, das zur Problemlösung beiträgt. Texte verschiedenster Art sind dabei immer noch (!) eine der wichtigsten Informationsq uellen in Schule, Aus- und Weiterbildung, Beruf und Privatleben.
Erste Ergebnisse und Analysen aus dem europäischen Weiterbildungsprogramm Leonardo da Vinci
Der erste Aufruf 1995 zur Einreichung von Anträgen im Rahmen des Berufsbildungsprogramms Leonardo da Vinci der Europäischen Kommission hat dazu geführt, daß insgesamt 4.656 Anträge aus 18 verschiedenen Ländern eingereicht wurden. Aufgrund der Selektionsprozedur wurden 749 verschiedene Pilotprojekte, Vermittlungs- und Austauschprogramme, sowie Erhebungen und Analysen von der Europäischen Kommission nach qualitativen Kriterien zurückbehalten, welche für die Zeit zwischen 1995 – 1997 für ein Gesamtvolumen von 89,6 Millionen ECU eine finanzielle Unterstützung erhalten. Kennzeichnend für die Gesamtheit der Projekte ist eine intensive Nutzung der neuen Informationstechnologien für Berufsbildungszwecke und die Förderung neuer Kompetenzen und Berufsprofile. Die durch das Programm entstehenden Partnerschaftstypen und die angesprochenen Zielgruppen sind sehr vielfältig und werden ergänzt durch den Austausch von 20 000 Personen europaweit.