Statement von Karl Kardinal Lehmann
Die schrecklichen Ereignisse des 11. September 2001 markieren ohne Zweifel einen tiefen Einschnitt in der Bewusstseinsentwicklung zumindest der westlichen Welt, aber wohl nicht nur dieser. Das Datum des 11. September ist zum Symbol einer tief greifenden Bedrohtheit menschlichen Lebens und Zusammenlebens geworden, und dies in einer Zeit, die immer mehr Hilfen zur Lebensabsicherung bereitzustellen schien. Rund um den Erdball sind unzählige Menschen aus ihrem Sicherheitsgefühl aufgeschreckt und die Versuche, ja die Versuchung, zur Tagesordnung zurückzukehren, scheitern immer neu, je mehr die vielfältigen Bedrohungen der Menschen und ihrer Lebenszusammenhänge bewusst werden. Ein Jeder ist, wo immer er sich befindet, bedroht. Ein jedes Land ist, wo immer es auf diesem Erdball – liegt, eine Gefahrenzone. Was ist zu tun in dieser weltgeschichtlich neuen Situation, so fragen viele: Politiker, Wissenschaftler, Wirtschaftler, wohl alle denkenden Menschen. Ist dies in erster Linie die Stunde der Sicherheitsexperten, der Polizei, gar des Militärs, oder ist, wenn man Gründe und Hintergründe der Krise mitzubedenken versucht, auch eine Neuorientierung des Denkens und Handelns in anderen Bereichen gefordert: im sozialen Bereich, in der Entwicklungshilfe, in der Weltwirtschaftsordnung, in der Kommunikation von Kulturen und Religionen, im Abbau von westlichen Überlegenheitsgefühlen? Geht nicht der überhand nehmende Terrorismus oft auf solche Ursachen zurück und entstammt nicht einfach nur der Bosheit, der Machtgier und dem Destruktionstrieb einzelner Menschen, die andere hinter sich zu bringen .vermögen?
Statement von Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Steinacker
Der 11. September 2001 konfrontiert uns mit einer gleichzeitigen Ungleichzeitigkeit von Hightech und Vormoderne, mit der Verschlingung von politischer Macht und terroristischer Gewalt mit Religion. Der Terrorist Bin Laden und seine Anhänger, die die schrecklichen Verbrechen von New York und Washington verübt haben, wurden aus religiösen Motiven zu Mördern. Sie handelten in der Gewissheit, selber als Märtyrer für die Gottheit den direkten Zugang zum Paradies errungen zu haben. Für sich selber meinten sie, damit eine gute, ja patriotische und damit eine heilige Tat vollbracht zu haben. In diesem keiner Kritik zugänglichen Bewusstsein rissen sie Menschen mit sich in den Tod. Dabei nahmen sie durchaus in Kauf, auch Gläubige der eigenen Religion zu töten – ein gerade für Muslime schlimmes Verbrechen. Wie sich die Religionen zueinander verhalten, wie ihre Dialoge und ihre Konfrontationen aussehen, das entscheidet mit darüber, ob unsere eine Welt ihre Probleme und Ungerechtigkeiten weitgehend in Frieden angehen kann, oder ob sie mit einem unstillbaren Opferfluss von Blut und Gewalt sich selber ins Chaos stürzt.
TIMSS, PISA, IALS
Die OECD-Studien (TIMSS, PISA, IALS) erfassen nicht nur inhaltlich den Kenntnisstand der befragten Gruppen, sondern auch ihr formales Leistungsniveau. Mit Blick auf die Weiterbildung interessiert dabei vor allem die Frage, ob sich Rückschlüsse ziehen lassen auf das Vermögen, selbstregulierte Lernprozesse durchzuführen. Denn diese Kompetenz, die ihrerseits auf metakognitiven Fähigkeiten basiert, stellt eine Grundvoraussetzung dafür dar, den Anforderungen der Wissensgesellschaft zu entsprechen, das heißt Informationen selektieren, effektiv aufarbeiten sowie erfolgreich anwenden zu können.
Der Blickwinkel der Wirtschaft
Das Leistungsprofil deutscher Schüler gibt erneut Anlass zu großer Sorge. Die im Dezember 2001 vorgelegten Ergebnisse der internationalen Schulvergleichsstudie „Programm for International Student Assessment“ (PISA) der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) verweisen die Leistungsergebnisse deutscher Schüler in das untere Feld von 32 teilnehmenden Nationen. Das schlechte Abschneiden deutscher Schüler bei der Third International Mathematics and Science Studie (TIMSS) von 1997 wird damit erneut bestätigt und sogar erweitert.
Perspektiven für politische Erwachsenenbildung
Verunsicherung und Verwirrung, verursacht durch eine neue Dimension des Terrors, durch Kriege, aber auch durch wachsende Globalisierung, machen eine zunehmende Politisierung der Erwachsenenbildung notwendig. Die Bewusstmachung der Zusammmenhänge von Interesse, Macht, Recht und Moral, die Ordnung und Bewertung des politischen Geschehens, aber auch die Befähigung zur Erkenntnis eigener Interessen sind wichtige Grundlagen politischer Bildung, um dem Bürger ein Selbstverständnis als Staats- und Weltbürger zu ermöglichen.
In Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche
Der 11. September 2001 wird als Synonym für Terror gegen die gesamte westliche Welt, religiösen Fundamentalismus und Ohnmacht gegenüber absichtlich herbeigeführten Katastrophen in die Geschichte des 21. Jahrhunderts eingehen. Für viele in dieser Zeit Lebenden ist dieser Tag zugleich auch zum Auslöser für Kritik an einer in allen Bereichen des menschlichen Lebens vorfindbaren Dominanz von Spezialisierungen geworden, die es dem Menschen kaum mehr erlaubt, größere zusammenhänge seines Lebensumfeldes, geschweige denn weltpolitische Kontexte und Abhängigkeiten zu erkennen. Die meisten Menschen sehen sich wenig in der Lage, gentechnologische Folgeabschätzungen vorzunehmen, Globalisierungs-Tendenzen zu beurteilen, kulturelle und religiöse Andersartigkeiten als solche wahrzunehmen und einzuordnen. An diesem 11. September machte sich eine ungewohnte Sprachlosigkeit unter den Menschen dieser Zeit breit. Viele sind entsetzt über das Geschehene, aber auch darüber, dass sie über keinen Hintergrund verfügt haben, vor dem sich das Geschehene, wenn auch nicht legitimieren, so aber doch einordnen ließ.
Die Akademie Klausenhof
Internationale Bildungsarbeit und Bildungsarbeit mit Ausländern sind von Beginn an ein wichtiger Schwerpunkt der Arbeit der Akademie Klausenhof. An der Entwicklung der Ausländerarbeit in der Akademie Klausenhof lassen sich viele Entwicklungen der Ausländerbeschäftigungspolitik und der Ausländerpolitik nachvollziehen. So wechselten sich in der ersten Hälfte der 70er Jahre Integrationskurse für Krankenpflegekräfte mit anschließenden Re-Integrationskursen für koreanische Bergarbeiter und Krankenpflegekräfte ab.
Interkulturelles und ethisches Lernen als wichtiges Ziel der Erwachsenenbildung
Dass der Weiterbildung im Erwachsenenalter ein zusehends wichtigerer Stellenwert zukommt, ist längst ein Allgemeinplatz. Achtenhagen und Lempert (2000, S. 11), in ihrer „Kurzfassung des Berichts und des Programms „lebenslanges Lernen““, stufen permanentes Lernen und Weiterentwicklung als „überlebensnotwendig“ ein. Im Unterschied zu den traditionellen Gesellschaften, die präfigurativ waren – die Heranwachsenden übernahmen von der vorausgegangenen Generation einen vergleichsweise stabilen Kanon von Wissen, Fertigkeiten und Einstellungen – leben wir in einer postfigurativen Gesellschaft, in der die in der Kindheit und Jugend erworbenen Kompetenzen und Wissensbestände nicht mehr ausreichen, um das Leben zu bewältigen. Vielmehr leben wir in einer Zeit „rascher Veränderungen“: politisch, wirtschaftlich, technisch etc., die dem Subjekt mitunter tief greifende Adaptionsleistungen an neue Situationen abverlangen. In besonderer Weise gilt dies für die Berufs- und Arbeitswelt, in der das solide Handwerk zwar weiterhin seinen Stellenwert behalten wird, in der aber viele traditionelle Berufe verschwinden bzw. permanent neue entstehen. Angesichts dieser Entwicklung versteht sich, dass Bildungspolitikerlnnen die Intensivierung der Erwachsenenbildung fordern, sei es auf regionaler Ebene, sei es auf nationaler – so die jetzige österreichische Bundesregierung in ihrem Legislaturprogramm: „Lebensbegeleitendes Lernen als zentraler Schwerpunkt der Bildungspolitik“ –, sei es auf europäischer.
Eine Antwort auf gesellschaftliche Problemlagen
Das Wachstum von Wissenschaft und Hochschulen hat die Einbindung der Universitäten in die Gesellschaft gestärkt. Der Prozess der Akademisierung zahlreicher Tätigkeitsfelder schreitet voran. Wissenschaftliche Expertise stellt einen dynamisierenden und notwendigen Faktor in Wirtschaft, Politik und Kultur dar. Zwar ist innerhalb der Wissenschaften der Prozess der wissenschaftlichen Ausdifferenzierung und Spezialisierung ungebrochen. Dennoch wird erwartet, dass Wissenschaft und Universität für die Gesellschaft „nützliche“ Leistungen erbringen. Daher kann es bedeutsam sein, ob die Universitäten fähig sind, in der Weiterbildung gesellschaftliche Problemlagen aufzugreifen, sie zu thematisieren und situationsangemessene Lösungen zu entwickeln. Die Koordinationsstelle für Weiterbildung der Universität Bern versteht sich als Interface zwischen der Wissenschaft und der Gesellschaft. Sie hat in den letzten Jahren immer wieder gesellschaftlich kontroverse, aber relevante Fragen aufgegriffen und diese im Rahmen von Weiterbildungsangeboten bearbeitet. Dies wird mit folgenden Beispielen dokumentiert.
Die Adam Opel AG als Beispiel
„Wesentlicher Teil unserer Unternehmenskultur ist die respektvolle Zusammenarbeit. Chancengleichheit, Toleranz und der faire Umgang miteinander gehören zu unseren Grundüberzeugungen.“ So steht es in unserer für die Automobilindustrie einmaligen Betriebsvereinbarung gegen Gewalt und Diskriminierung vom 22. Juni 2001. Keine leeren Worte – bei Opel haben diese Werte eine lange Tradition und gehören zur täglich geübten Praxis unserer Mitarbeiter.
Kein alter Hut: Die Bundeszentrale für politische Bildung wird 50
Politische Bildung ist wieder im Gespräch. Nach Mittelkürzungen und politischen Tendenzen, die sogar ihre „Verzichtbarkeit“ postulierten, ist ihr Wert heute unbestritten. Sie hat einen weiten Weg zurückgelegt: Was nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs als »political reeducation« der Allierten für die deutsche Bevölkerung begann, ist heute unverzichtbarer Bestandteil in der außerschulischen (Erwachsenen-) Bildung. Gleichwohl müssen sich ihre Konzepte, pädagogischen Ansätze und Inhalte ständig neu definieren, der sich verändernden Gesellschaft angepasst werden und flexibel auf den Wissens- und Informationsbedarf der Nutzerinnen und Nutzer reagieren. Für die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) hat die Phase der Neuorientierung und -ausrichtung im Jahr 1999 begonnen.
Aus der Projektwerkstatt des BMBF
Im folgenden werden erste Überlegungen dargestellt, wie auf die Empfehlungen des Forums Bildung, auf Konsequenzen aus der PISA Studie und auf Forschungsempfehlungen aus dem Bereich der Weiterbildungsforschung durch Projekte des BMBF reagiert werden könnte. Es handelt sich um einen Diskussionsprozess, der noch nicht abgeschlossen ist. Ein Einblick in ihn dürfte dennoch ein allseitiger Gewinn sein. Der Prozess der Überlegungen ist noch offen genug, um Anregungen, Verstärkungen, Überprüfungen aufzunehmen.