In einer Zeit globaler Krisen wie der Pandemie und des Krieges in Europa untersucht die Frage, was wir von Chinas Reaktionen lernen können. Es wird hinterfragt, ob die Annahme, dass nur offene Gesellschaften Innovation und Wohlstand fördern, haltbar ist, angesichts Chinas Erfolgen in wissens- und technologieintensiven Sektoren und gezielten Investitionen in Bildung und Infrastruktur. Kritiker betonen jedoch Chinas mangelnden kulturellen Einfluss und die restriktiven, kaum mit westlichem Liberalismus vereinbaren Regulierungen. Trotz wirtschaftlicher Stärke fördert China nicht die Übernahme seines politischen Systems, sondern bleibt politisch introvertiert. Dieses Heft erörtert, wie wir trotz fundamentaler Unterschiede von China lernen und über Konfliktdarstellungen hinausgehen können.
Zum Schwerpunktthema „Von China lernen?“
Für eine bessere chinesisch-europäische Verständigung
Mao Xiaohong
Lernen sollte immer darauf abzielen, etwas Eigenes zu entwickeln, das den eigenen Verhältnissen entspricht und an sie angepasst ist. China hat uns das vorgemacht und zuerst von der Sowjetunion und später von den USA und Europa gelernt. Und genauso kann auch die westliche Welt von China lernen.
Mit Differenzen umgehen lernen
Stefanie Liliane Hegger
Kulturelle Differenzen bringen Chancen mit sich. So können unterschiedliche Sicht- und Handlungsweisen das eigene Repertoire an Lösungen erweitern, Kompetenzen fördern und neue Horizonte auftun. Deshalb ist es wichtig, mit kulturellen Unterschieden umgehen zu lernen.
Chinas Aufstieg und Wissenschaftskooperation mit Deutschland
Anno Dederichs
China entwickelt sich in vielen Bereichen zu einem Zentrum für Forschung und technische Innovation. Die deutsch-chinesische wissenschaftliche Zusammenarbeit müsste deshalb gefördert statt pauschal diskreditiert werden. Unterschiedliche Ideologien sollten dann auch keine harten Trennungslinien, sondern Gegenstand der Diskussion und der Analyse sein.
Vom Copycat zum Vorreiter
Alexandra Stefanov
Im Westen wird gerne behauptet, China könne lediglich kopieren. Dies ist aber längst widerlegt: China ist in puncto Kreativität und Innovation mittlerweile zu einem Vorreiter geworden. Was Chinas Innovationsfähigkeit ausmacht, sind Flexibilität, Agilität und Schnelligkeit, Pläne umzusetzen – ohne die Sicherheit auf Erfolg, weniger perfektionistisch als vielmehr pragmatisch und mit einer gewissen Risikobereitschaft.
Klarer Blick mit klarer Kante
Thorsten Benner
Der chinesische Parteistaat ist an einem offenen wechselseitigen Lernen offensichtlich nicht interessiert. Gerade im Hochshulbereicht wurden Freiräume systematisch beschnitten. Dennoch sollten weiterhin Dialogprogramme mit China verfolgt werden. Es ist wichtiger denn je, Weltoffenheit auf beiden Seiten und grenzüberschreitendes Lernen anzustreben.
außerdem:
Interview mit Heinz Fischer, ehemaliger Bundespräsident der Republik Österreich:
„Wir sollten lernen, China weder zu unterschätzen noch zu überschätzen.“
China hat in den vergangenen Jahren gegenüber den westlichen Staaten enorm aufgeholt. Dies ist umso überraschender, als man China wohl für lange Zeit unterschätzt hat. Chinas Konkurrenz- und Wettbewerbsfähigkeit sollte den Westen aber nicht beunruhigen. Vielmehr sollten Europa und die westliche Welt Möglichkeiten für friedliche und vernünftige Kooperationen mit China schaffen.